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Landschaft im Wandel GNU



Berichte über die Erweiterung der Storck KG in Halle


Haller Kreisblatt, 20.Oktober 2017
Bemerkungen zu den Presseartikeln:
„Süßer Riese bekommt mehr Platz“
„Die Fabrik im Grünen soll erhalten bleiben“

WB 20.10.2017
1700 Mitarbeiter mehr bei Storck ?
WB, 21.10.2017
„Viel Verständnis – aber auch Skepsis“

GNU – Pressebeitrag zur Diskussion

Wie der Presse zu entnehmen, plant die Fa. Storck eine neuerliche Erweiterung ihres Betriebsgeländes im Tatenhauser Wald – diesmal um ca. 11 Hektar. Das ist nicht das erste Mal und auch nicht nur bei Storck. Großflächige Erweiterungen und Neuansiedlungen sind an der Tagesordnung: aktuell bei Nagel nebenan, Rodderheide bei Werther, Nobilia im Südkreis, „Ravenna Park“ bei Halle, Arvato bei Harsewinkel, Interkom bei Schloss Holte, usf..





2002 wurde z.B. der Fa. Hörmann ein „Neubau“ in eine vielfältige Landschaft ermöglicht – ein Konkurrenzkampf mit Halle - .Was vorher Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiet und Landwirtschaft in Brockhagen war, ist jetzt Industriegebiet. Ein Sündenfall mit Nachfolgen: Erst ging es um 9 ha, dann 15 ha, schließlich um 30 ha Zubau. (Vielleicht weglassen?)

Wie nun der Historie der Storck KG zu entnehmen, begann ihre wirtschaftliche Entwicklung auf kleiner Fläche in Werther. Nach dem Krieg entstand im benachbarten Halle i.W. ein neues Werk. Dieser Bau galt damals als gutes Beispiel für eine „Industrieanlage im Grünen“. 1975 wurde Storck für den Standort Halle/Westfalen mit der Goldplakette „Industrie in der Landschaft“ ausgezeichnet.

Diese dynamische Entwicklung setzt sich bis heute fort. Storck zählt mittlerweile zu den 10 größten Süßwarenherstellern der Welt, der - „allerdings immer weiter wächst, da braucht es perspektivisch weitere Kapazitäten“ so der Prokurist dieser Firma, Boris Bödecker. Und weiter, dass die vorrätigen Erweiterungsflächen spätestens im Jahr 2020 allesamt mit Produktionshallen und Verwaltungsgebäuden bebaut seien. Bereits Ende 2004 war eine 30 ha große Fläche zwischen der Bahnlinie Haller Willem und der A33 als baulich ausgeschöpft gemeldet, was die Stadt Halle veranlasste, für Storck eine westliche Erweiterungsfläche von 5 ha durch eine FNP-Änderung zu sichern. Später „drängte sich darüber hinaus der „Lückenschluss“ bis zu A 33 Trasse im Süden auf“ . Dort wurden dann für Storck ca. 9 ha durch eine weitere FNP-Änderung gesichert. (siehe BPlan 51 )

Aktuell geht es um eine 11 ha große neuerliche Erweiterung. 8 ha davon sollen gerodet und für 4 neue Produktionshallen und ein weiteres Verwaltungsgebäude genutzt werden. Aus Sicht der Firma ist diese Planung schlüssig, denn durch die A 33 „stellt Halle für Storck einen hoch effizienten Verbundstandort dar“.

„Kleinere“ Maßnahmen sollen diese Planung komplettieren: So braucht Storck einen geschlossenen Werksstandort (Lebensmittelsicherheit), der zurzeit noch durch den Paulinenweg getrennt ist. Den „möchte Storck übernehmen“. Anwohner könnten dann den Steinhauser Weg nutzen. Er ist teilweise noch Waldweg und müßte zu dem Zweck ausgebaut werden.“

Selbstverständlich ist ein alteingesessenes Familienunternehmen wie die August Storck KG, sind die Arbeitsplätze ein bestechendes Argument für die Zustimmung der Kommune zu den Erweiterungsplänen. Sicher nicht die letzten.

Ebenso selbstverständlich sind weltweit agierende Unternehmen ortsunabhängig: Beispiel Siemens oder Homann /Dissen: Wirtschaftlichkeit, Konkurrenz und Situation auf dem Weltmarkt, bestimmen weitere Entscheidungen. Noch! Doch die Zeichen stehen auf Wandel.

Nicht nur, weil der Flächenverbrauch in Deutschland bei 66 ha pro Tag stagniert Das Ziel der Bundesregierung, den Verbrauch bis 2020 auf 30 ha/Tag! zu begrenzen ist längst Schnee von gestern.* Ihr Versuch, 2013 durch eine gesetzliche Initiative die Nutzung von Brachen, Baulücken, die Nach-und Umnutzungen von leerstehenden Gebäuden usf. ingang zu setzen, war nicht verpflichtend und deswegen erfolglos. Z.B. fehlte ein Brachen- und Leerstandskataster und wurde auch nicht gefordert. Das ergab die „Brachen-Umfrage“ 2015/2016 der Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz im Kreis Gütersloh. Die Kommunen hatten mehrheitlich keine Kenntnisse über ihren Flächenhaushalt. Z.B. antwortete die Stadt Harsewinkel/ Kreis Gütersloh, „ dass der freie Markt selbst Folgenutzungen für aufgegebene Gewerbstandorte findet.“

Sehr anders geht es im Kanton Zürich/Schweiz zu: Dort stimmten 2012 auf der Basis einer Volksinitiative die Bürger dafür, in den nächsten 20 Jahren kein neues Bauland mehr zu widmen sowie alle Bauerwartungsgebiete aufzuheben. Die Gründe: Ziele wie die Sicherung der Ernährungssouveränität, regionale Landwirtschaft und weil auch künftige Generationen noch Entwicklungsmöglichkeiten brauchen, wären bei der Fortschreibung der Siedlungsentwicklung nicht erreichbar. Dieser Beschluss des Kantons Zürich wurde gerichtlich bestätigt.

Ähnlich hatte das Bundesverfassungsgericht schon am 12.Januar 1967!! (BVerfE Bd. 21, S. 73 ff) entschieden: „Weil Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, hatte es die Sozialpflichtigkeit des Eigentums an diesem Rechtsgut besonders hervorgehoben. Danach kann die Nutzung von Grund und Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen überlassen werden: Der Grund und Boden ist weder volkswirtschaftlich noch in seiner sozialen Bedeutung mit anderen Vermögenswerten ohne weiteres gleichzustellen. Das Gebot sozialgerechter Nutzung ist … nicht nur eine Anweisung für das konkrete Verhalten des Eigentümers, sondern in erster Linie eine Richtschnur für den Gesetzgeber, bei der Regelung des Eigentumsinhaltes das Wohl der Allgemeinheit zu beachten….“.(siehe Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung vom 7.März 1985. Herausgeber Bundesminister des Innern, Dr. Friedrich Zimmermann. S. 30). Bis heute hat der „Gesetzgeber die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes missverstanden. Er hat den Verbrauch von Boden dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Insofern war die Antwort aus Harsewinkel genau zutreffend:“Der freie Markt selbst findet Folgenutzungen...“. Und zum „Wohl der Allgemeinheit“ wurde Autobahn- und Straßenneubau betrieben; (siehe Urteil des Bundesgerichtes zur A 33) das bestehende Straßen- und Bahnnetz ließ der Gesetzgeber verkommenen ( siehe Kritik der Daehre - Kommission) Trotz „Nationaler Nachhaltigkeitsstrategie“ seit 2002 werden aktuell im Kreis Gütersloh/NRW 10 000qm Boden pro 2 Tage verbraucht.

Soll es so weitergehen, bis spätestens zum Jahr 2050 – nach der Ressourcenstrategie der Europäischen Union – der Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft (Netto-Null-Ziel) geschafft ist? Es geht auch anders, und früher: Das Beispiel des Kantons Zürich zeigt, dass offensichtlich politische Kräfte/ Regierungen, Gesetzgeber zu schwach sind, um den rasenden Flächenverbrauch zu stoppen. Es braucht offenbar Volksinitiativen, die eine Denkpause von 20 Jahren bewirkt, in der „kein Bauland mehr gewidmet“ werden darf und „Bauerwartungsgebiete aufzuheben sind.“ Und das aus Gründen der Ernährungssouveränität und weil künftige Generationen noch Entwicklungsmöglichkeiten brauchen. Hierfür hat bis auf weiteres ein Gerichtsbeschluss Bestand.

In Ermangelung von Grüner Landschaft bleibt nur, den „IHC-Wanderpreis die Goldene Dampfwalze zu verleihen. Ihn gab es schon mal 2002. (bei der Verleihung des Pokals versprach der damalige Staatsekretär, dass die Walze unter der neuen Landesregierung im Straßenbau wieder verstärkt zum Einsatz komme.)

Auch im Kreis Gütersloh und im Gebiet der Stadt Bielefeld muss man inzwischen nach unverbauter Natur suchen.

Deshalb hat der Arbeitskreis „Freiflächen“ der Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz im Kreis Gütersloh e.V. (GNU) im Jahr 2003 eine Ausstellung erarbeitet, die die Entwicklung des Flächenverbrauchs ab 1837 am Beispiel des Kreises Gütersloh und der Stadt Bielefeld dokumentiert. Sie wurde inzwischen 19 Mal im Kreis Gütersloh und in Bielefeld in Rathäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen gezeigt. Bei diesen Gelegenheiten entstanden Texte von grundsätzlicher Bedeutung für das Thema Flächenverbrauch, die - ebenso wie die Karten und Texte der Ausstellung - in dieser Broschüre zusammengefasst sind. Sie werden ergänzt durch Vorträge, die bei einer Vortragsreihe des Beirats bei der unteren Landschaftsbehörde der Stadt Bielefeld im Jahr 2000 gehalten wurden, bei der Experten den Landschaftsverbrauch von verschiedenen Seiten kritisch beleuchtet haben.

Für die Verwendung im Unterricht der Sek. II wurden Auszüge aus den Texten und die Ausstellung - versehen mit didaktischen Hinweisen - in einer gesonderten Broschüre veröffentlicht.

Auslöser dieser Aktivitäten war u.a. der im mittlerweile verabschiedeten GEP-Entwurf 2000 dargestellte Flächenverbrauch im Bereich Gütersloh und Bielefeld bis zum Jahre 2015. Daraus wurde ersichtlich, dass mit einem unvermindert fortschreitenden Flächenverbrauch (bis zu 12.910 ha) gerechnet wird. Dies konterkariert alle Willenserklärungen auf nationaler und internationaler Ebene. So will die Bundesregierung z.B. den Flächenverbrauch von heute über 100 ha bis 2020 auf 30 ha pro Tag reduzieren.

Unser Ziel ist es deshalb, die vielfältigen Gefahren diese Flächenverbrauchs anschaulich zu machen und so dazu beizutragen, dass bereits vorhandene Konzepte für eine flächensparende Siedlungsentwicklung umgesetzt werden. Deshalb sprechen die Ausstellung und diese Broschüre nicht nur die Politiker und Mitarbeiter in den Verwaltungen an, die für die Flächennutzung zuständig sind. Vor allem aber wendet sie sich an die Bürgerinnen und Bürger, die für die Problematik sensibilisiert werden sollen, damit sie sich in ihren jeweiligen Handlungsfeldern für eine Verminderung des Flächenverbrauchs einsetzten.



Die Unterrichtsmaterialien für die Sek. II
(Texte und Karten) können Sie herunteladen

Wenn Sie interesse an dem zugehörigen "GNU-Spezial" dazu haben, dann mailen Sie uns bitte.

Inhaltsverzeichnis „Landschaft im Wandel“


Vorwort
Einführung
Beiträge mit allgemeinen Informationen
Dr. Michael Vesper, Bau-Minister NRW
Thesen zur effektiven Flächennutzung

Andreas Wiebe, Regierungspräsident DT
Wird die Besiedlung so weitergehen?

Ulrich Bultmann, Landwirtschaftsdirektor
Flächenverbrauch um und für jeden Preis?

Dr. Rainer Brämer, Universität Marburg
Gibt es ein Recht auf Natur?

Klaus Einig, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Ressourcenschonende Siedlungsentwicklung

Informationen zu einzelnen Orten

Wolfgang Aßbrock, Regionalrat DT
Grundzüge der Regionalplanung im RP Detmold

Dr. Heinz Dürholt, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung NRW
Flächennutzung in Bielefeld, ökologische Wertigkeit der Freiflächen

Aus den Reden zur Eröffnung der Ausstellung
in Gütersloh: Dr. Sven Georg Adenauer, Landrat
in Bielefeld: Horst Grube, Bürgermeister
in Borgholzhausen: Wolfgang Blankert, GNU

Nachgedanken
Prof. Dr. Walther Kindt, GNU

Ausstellung „Landschaft im Wandel“
Arbeitskreis „Freiflächen“ der GNU